Die dreiste Glosse: Fuchtelfinger-Award< Zurück 11.04.2009
Von Max Werschitz
Erhofft hatte ich mir ein "Stirb langsam - aber lustig", bekommen habe ich "Kevin allein zuhaus - aber dümmer". Gelacht habe ich nicht, geärgert jedoch viel. Eine Abrechnung mit Kevin James' 'Der Kaufhaus Cop' und die Verleihung des ersten "Kinomo Fuchtelfingers". Und zwar verdient.
Kevin James hat schon in einigen mittelmäßigen Kinokomödien recht wacker mitgehalten, bekannt ist er dem österreichischen Publikum aber wohl durch seine Rolle als "King of Queens" in der gleichnamigen Sitcom die auf ATV und co seit Jahren recht belanglos durchrotiert. Doch siehe da, jetzt scheint der rotunde Amerikaner seinen großen Leinwanddurchbruch geschafft zu haben: Der Kaufhaus Cop (orig. "Paul Blart - Mall Cop") ist Box Office-Spitzenreiter in den Vereinigten Staaten und auch bei uns in Europa ein durchschlagender finanzieller Erfolg. Was dem Kinopublikum hüben wie drüben leider nicht gerade ein gutes Zeugnis ausstellt.
Ich habe ihn mir ja nur angesehen weil das Konzept "Stirb langsam - aber lustig" recht vielversprechend klang. Stattdessen bekommt man leider eine Art "Kevin allein zu Haus" geboten, bei dem der nur spärlich aufblitzende Humor dann auch auf dem Niveau eines Kinderfilmes bleibt. Ein peinlicher Ringkampf mit einer fetten Frau, ein nerviger pubertierender Klischee-Inder mit dauernacktem Oberkörper und eine Margherita-Rausch-Szene sind da wohl als die offiziellen Negativ-Highlights zu werten. Und als notwendiges Mainstream-Übel ist natürlich auch eine Liebesgeschichte dabei die 1:1 die vorhersehbaren Klischees von romantic comedies dupliziert.
Was mich jedoch am meisten geärgert hat, und was meiner Meinung nach der unweigerliche Todesstoß für das Schauvergnügen eines jeden Filmes ist, das waren die eklatanten Logik-Aussetzerund Inkonsequenzen im Drehbuch selbst. Dafür gehört Kevin James, immerhin auch Co-Autor, ein gewaltiger Klaps auf die Finger. Denn die Handlung als Ganzes macht ständig den Eindruck als wäre sie rücksichtslos dem (fragwürdigen) Witzpotential einzelner Szenen untergeordnet worden.
Das beginnt schon mit der Grundprämisse des Films: Veck, der Oberbösewicht, der sich erst kurz davor als Kaufhauscop und somit Blarts Kollege eingeschmuggelt hatte, ist im Besitz eines Codes mit dem man wiederum in den einzelnen Geschäften des Centers an den jeweiligen Kreditkartenmaschinencode, welcher täglich geändert wird, gelangen kann. Und damit, äh... kommt man dann an das an diesem Tag von den Kunden ausgegebene Geld, wie und warum das funktionieren soll wird nicht wirklich erklärt. Jedenfalls: anstatt sich diese Codes in aller Ruhe nach Ladenschluss zu besorgen und unbemerkt abzuhauen, inszeniert Veck ein riesiges waffenschwingendes Spektakel mit Kunden als Geiseln, Minisplitterbomben und co, natürlich in unvermeidlicher Anwesenheit von Polizei und SWAT-Team. Ein genialer Plan, das muss man schon sagen.
Die Ausführung ist ähnlich unsinnig: Veck lässt seine Gehilfen die Geschäfte abklappern um die Codes einzusammeln, aber anstatt sich diese gleich per Walkie-Talkie durchgeben zu lassen müssen sie sich diese auf den Unterarm schreiben, mit nur unter UV-Licht sichtbarer Farbe. Wo sie dann natürlich von unserem Helden Blart gefunden und eingesammelt werden (selbstverständlich leuchtet man, wenn man eine UV-Lampe findet, als erstes mal einem Kriminellen auf den Unterarm).
Es wird schnell und schmerzlich klar dass diese Handlung, die nicht nur Veck sondern vor allem den Zuseher schlichtweg als Vollidioten hinstellt, nur geschrieben wurde um die Existenz der daraus resultierenden Einzelszenen zumindest scheinbar zu rechtfertigen.
Und der Teufel liegt bei Der Kaufhaus Cop auch in fast jedem weiteren Detail. Ähnlich unlogisch und inkonsequent wie der Gesamt-Handlungsbogen sind die Begegnungen zwischen Blart und den Bösewichtern. Anstatt den Eindruck zu bekommen dass die Kriminellen Blart in guter alter "Stirb Langsam"-Manier wirklich ausschalten wollen, hat man bald das Gefühl dass es sich nur um eine möglichst konsequenzlose Multiplizierung von inszenierten Action-Klamauk-Momenten handelt. Beispiele gefällig? In einer Szene flüchtet Blart vor zwei Verfolgern (ein Mann und eine Frau, natürlich beide unbewaffnet) in einen Lüftungsschacht, woraufhin der Mann von unten mit einer spitzen Metallstange auf diesen einsticht. Als der Schacht schließlich herunterbricht und die Frau darunter K.O. schlägt ist der Mann jedoch samt Stange und siegessicherer Agressivität verschwunden, laut Blarts Meldung ins Funkgerät "abgehauen". In einer anderen Szene verfolgt ein weiterer böser Bube (natürlich ebenfalls unbewaffnet) Blart bis aufs Dach und hat ihn schließlich auch in die Ecke gedrängt; anstatt ihn auszuschalten flüchtet er jedoch unmotiviert, als wäre er plötzlich der Gejagte.
Und sollten doch einmal Waffen im Spiel sein läuft das Ganze nicht viel besser. Als einer von Vecks Handlangern Blart auf dem Skateboard verfolgt, feuert er aus größerer Distanz drei oder vier Schüsse auf ihn ab - und verfehlt ihn natürlich. Als er sich dann wenige Sekunden später jedoch fast direkt neben ihm befindet und freies Schussfeld hat, da ist die Pistole anscheinend vergessen, stattdessen geht es (natürlich ohne Erfolg) mit einem Schlagstock weiter. In einer weiteren Szene schießt Veck selbst mit wahrhafter Inbrunst auf Blart und trifft auch, es ist jedoch nur eine von Blart als Ablenkungsmanöver präparierte Schaufensterpuppe. Als Veck ihn kurz vor dem Finale dann endlich tatsächlich hilflos vor dem Lauf hat ist es mit dem Schießen natürlich wieder vorbei. "Kevin allein zuhaus" lässt grüßen: eine Schnitzeljagd ist halt auch mit Kriegsbemalung und -geschrei immer noch eine eher harmlose Sache.
Die Inkonsequenz ist fast schon wieder herrlich konsequent: zuerst wird wutschäumend gejagt, wenn die Beute dann jedoch zum Greifen nahe ist wird unerklärlicherweise abgebrochen. Die Gangster in Der Kaufhaus Cop hüpfen, rennen und fahren zwar herum wie eine gedopte Zirkustruppe, springen todesverachtend durch Glasfenster und stürzen sich aus schwindelerregenden Höhen, aber wenn es darum geht einem übergewichtigen Mittvierziger mit Hyperglykämie eine auf die Nuss zu geben ist plötzlich Schluß mit der Action. Erinnert irgendwie an ein Zitat vom Joker aus The Dark Knight: "Ich bin wie ein Hund. Natürlich jage ich dem Auto nach, aber ich wüßte nicht was ich damit anfangen sollte wenn ich es wirklich geschnappt hätte".
Den Höhepunkt an Absurdität liefert jedoch die Tatsache dass Veck kurz vor dem Ende den wehrlosen Blart weder K.O. schlägt noch fesselt oder einsperrt sondern einfach so zurücklässt und seine Flucht (mit zwei Geiseln) fortsetzt. Es folgt eine unvermeidliche weitere Verfolgungsjagd und schließlich ein aufgesetzter Showdown auf einem Rollfeld - schließlich wartet schon der Privatjet zu den Cayman Islands, wo dann anscheinend mit den Kreditkartencodes weitergespielt wird. Ach ja, und der arrogante Chef des SWAT-Teams stellt sich auch noch schnell als Bösewicht heraus, wird aber vom lieben unterdrückten Dorfpolizisten entwaffnet. Und dann gibt's natürlich noch die obligatorische Liebeserklärung und den Kuss. Und es wird rausgezoomt während das Heldenpaar in den metaphorischen Sonnenuntergang watschelt. Und dann kommt der Abspann, und man hat es endlich hinter sich.
Der Kaufhaus Cop erhält somit mehr als berechtigt als erster Film seit dem Launch von kinomo.at den "Kinomo Fuchtelfinger"-Award. Und damit geht die Warnung an alle da draußen: schaut ihn euch um Himmels Willen nicht an. Und meidet am besten auch die öden Grazer Shoppingcenter für eine Weile.
Meine Wertung: |
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Filme gehören besprochen. Kinomo! Du fängst an!