Die dreiste Glosse< Zurück 22.05.2011
Von Nick Gruber
Nachdem Lars von Trier in Cannes ganz locker über seine Hobbies geplaudert hatte ('I am a Nazi' und er verstehe Hitler, u.a. weil sein Vater Hartmann hieß), wurde er jetzt in Israel offiziell zu einer Persona nongrata erklärt. Seine Aussagen hier im Video. Es stimmt. Dänen lügen nicht.
Den wohl berühmtesten Geheimtipp für den morbiden Filmgeek von heute traf das eigene Mundwerk wie ein feuchter Fetzen auf den Oberschenkel: 'I understand the man' meinte Lars von Trier, fremdsprachlich ein bisserl überfordert wirkend, während einer Pressekonferenz in Cannes über Adolf H.. Und das obwohl sich der notorisch depressive Däne noch vor wenigen Jahren betont von allen negativen Einflüssen gereinigt präsentierte. Zwei besonders herzwarm angelegte Projekte sollten folgen.
In Antichrist zeigte Lars von Trier sein selten ausgelebtes Interesse für die Naturfilmerei. Superprogressive Bildsprache, verwegene Thematik. Denn wer erinnert sich nicht an Zungenschnalzer wie das totgeborene Reh und die vielleicht erstmals im Arthouse gezeigten Genitalverstümmelungen - stets völlig geschlechterneutral aufgezogen (ein Zumpferl vom Papa, eins von der Mama). Oder an das süße Küken das nach dem Nest-Sturz vom Elternvogel gefressen wird. Ein Profi wie von Trier weiß halt wie mans macht: Einfach im richtigen Moment dabei sein. 'Denn es gibt Wahrheiten, die auf der Straße liegen' - das hat schon Triers Sympathieträger Adolf Hitler geschrieben. Hitler meinte übrigens auch wörtlich, dass die 'Eier des Kolumbus zu hunderttausenden herumliegen'. Bei derartigen Mengen fällt ein für die Kunst geopfertes Baby-Vogerl ja auch nicht ins Gewicht. Und im Zweifelsfall war eh alles aus Plastik.
Cannes hätte eigentlich die Sektdusche für Melancholia werden sollen - von Triers neuester filmgewordener Sonnengruß. Der Streifen portraitiert eine schwer verfahrene Geschwisterbeziehung (Kirsten Dunst & Charlotte Gainsbourg) kurz bevor ein Planet mit dem Planeten kollidiert. Was folgt ist ganz großes Kino mit gewaltigen Emotionen; alles nur getoppt von Kirsten Dunst' Fremdscham für von Triers frisch öffentlich gewordene Nazi Empathien (sprich - den nassen Fetzen hat sie nachweislich früher gespürt als der Meister selbst).
Fairerweise muss dem Dänen aber eine gewisses Maß an Reumütigkeit zugesprochen werden. Der Pressekonferenz folgte profihaft schnell die notwendige Erklärung zur Pressekonferenz. Sinngemäß: Sicherlich ist Lars von Trier kein Befürworter des Nationsozialismus. Provozieren durfte er früher auch und außerdem hat 'Entschuldigung' gesagt. Ruhe bitte.
Man darf also gespannt sein, wie die bisherigen Filme des Dänen nun unter diesen frisch freigelegten Gesichtspunkten uminterpretiert werden. Großes Thema in Melancholia übrigens: 'Du weißt erst was du hast, wenns dir aus den Händen flutscht.' So wie z.B. ein Lebenswerk als Filmemacher.
Meine Wertung: |
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Filme gehören besprochen. Kinomo! Du fängst an!