Review< Zurück 08.03.2009
Von Max Werschitz
Jetzt ist schon wieder was passiert, um genau zu sein zum dritten Mal: die nächste Brenner-Krimi-Verfilmung ist da und lehrt dem Kinopublikum nicht nur das Fürchten, sondern auch einiges über die Liebe. Ein Review geschrieben ganz im Stil der Wolf Haas-Romane selbst...
Für alle, die zwar die Verfilmungen gesehen, aber noch keinen der Original-Brenner-Krimis gelesen haben: Diese Review ist in dem für diese Bücher so typischen umgangsprachlichen Stil von Wolf Haas geschrieben.
Jetzt ist es schon zum dritten Mal passiert. Der Haas, der Murnberger und der Hader haben sich wieder zusammengesetzt, frag mich nicht wo, vielleicht in einem Gasthaus oder auch bei einem der drei zuhause. Vielleicht haben sie auch gleich ein Backhendl dabei gegessen, wer weiß. Ein Flügerl für den Haas, ein Haxerl für den Murnberger, und der Hader beides, oder vielleicht hat er auch nur einen Kaffee getrunken. Jedenfalls zusammengesessen sind sie ganz sicher, und da haben sie sich gemeinsam überlegt: Wie machen wir aus dem Roman "Der Knochenmann" einen Film? Weil der Wolf Haas, der hat den Roman nämlich geschrieben, das war 1997, also schon über zehn Jahre her.
Pass auf, das ist interessant: "Der Knochenmann" ist natürlich ein Brenner-Krimi, und zwei Brenner-Krimis sind ja schon verfilmt worden, das weißt du bestimmt, "Komm, süßer Tod" und "Silentium". Natürlich auch vom Trio Haas/Murnberger/Hader, die haben sich auch damals schon getroffen, ja man könnte schon fast sagen, die haben sich gefunden. Aber was ich sagen will: "Der Knochenmann" war eigentlich schon der zweite Brenner, also das Buch zumindest, und "Komm, süßer Tod" erst der dritte, und "Silentium" der vierte. Aber da haben sich die drei vielleicht gedacht, Reihenfolge nicht so wichtig. Obwohl der Haas in Sachen Reihenfolge eigentlich immer schon recht nachvollziehbar war, praktisch berechenbarer Höhenflieger: weil angefangen hat er als Werbetexter, hat so Sachen geschrieben wie "Ö1 gehört gehört" und "Lichtfahrer sind sichtbarer", also ziemlich bekannt, frage nicht. Und dann hat er sich wohl gedacht, er kann gut texten, aber würde halt gern mal auch längere Texte schreiben, weil immer nur Drei-Wort-Slogans aus der Schreibmaschine klopfen ist auf die Dauer nix. Also ist er Romanautor geworden. Und Recht gehabt hat er, mit der Entscheidung. Und das Recht hat ihm dann Erfolg gegeben, oder umgekehrt, jedenfalls quasi Vorherbestimmung. Für seinen ersten Roman, das war auch gleich der erste Brenner-Roman, "Auferstehung der Toten" hat der geheißen, hat er gleich den Deutschen Krimi Preis bekommen. Und für "Komm, süßer Tod" und "Silentium!" dann übrigens auch. "Auferstehung der Toten" haben sie noch nicht verfilmt, ich weiß auch nicht wieso, ist schon ein Zeitl her dass ich ihn gelesen habe. War wahrscheinlich nicht ganz so spannend wie die anderen. Jedenfalls: mit dem Roman "Der Knochenmann" haben sie das jetzt gemacht, die drei. Haben sich zusammengesetzt und geschaut, was könnt davon gut kommen in einem Film, und haben sich die interessantesten Handlungsstränge und Leute und Motive rausgesucht, und ein paar neue dazugegeben, und dann noch ein bisschen dran rumgebastelt und das Ganze dann nocheinmal durchgemischt, fast wie die die Knochenmehlmaschine die dann im Film vorkommt. Aber was dann rausgekommen ist, das ist natürlich viel appetitlicher, quasi Geniestreich. Wie ein perfektes Backhendl, so richtig knusprig und heiß und auch ein bisserl fettig, weil das muss schon sein. Nur statt dem Hendlfett tropft im Film überall das Menschenblut raus.
Weil, das ist nämlich so: Im Film fahrt der Brenner von Wien in die Oststeiermark, praktisch Pampa, und sucht dort einen gewissen Horvath, der hat nämlich seine Leasingraten fürs Auto nicht mehr bezahlt, und der Brenner hat einen neuen Job gehabt, als Leasingrateneintreiber. Das ist ein langes Wort, stell dir das einmal auf einer Visitenkarte vor, da brauchst du die Vorder- und die Rückseite dafür. So richtig getaugt hat es dem Brenner eh nicht, also der Job. Das Wort vielleicht auch nicht, schwer zu sagen. Jedenfalls hat der Brenner den Horvath nicht gefunden, weil dort wo sein nichtbezahltes Auto gestanden ist, vorm Wirtshaus (nicht Gasthaus!) Löschenkohl das berühmt ist für seine Backhendln, dort war er dann nicht. Und erzählen wollt ihm auch keiner was, am wenigsten der alte Löschenkohl-Wirt selber, der war überhaupt ein bisserl unfreundlich, fast schon verdächtig. Spielen tut den übrigens der Josef Bierbichler, und zwar 1a, das sag ich dir. Die seltsame Verschwiegenheit hat die Detektivinstinkte vom Brenner, die hat er ja schon in den anderen beiden Filmen so gut zur Schau gestellt, schon ein bisserl gekitztelt, das hast du gleich gemerkt. Schließlich war der Brenner früher mal Polizist. Aber geblieben ist er dann eigentlich hauptsächlich wegen der Wirtin, die Schwiegertochter vom Löschenkohl, die hat ihm nämlich gefallen. Den Kritikern hat die auch gefallen, also nicht die Kellnerin, sondern die Schauspielerin, das ist nämlich die Birgit Minichmayr, die hat grad den Silbernen Bären gekriegt bei der Berlinale. War aber für einen anderen Film. Hab ich nicht gesehen, bin mir aber sicher im Knochenmann ist sie mindestens genauso gut. Jedenfalls ist der Brenner geblieben, und hat sie besser kennengelernt, die etwas seltsame Löschenkohl-Familie. Da war nämlich noch der porschefahrende Versagersohn (der Schauspieler heißt Christoph Luser, klingt ja schon genau wie das englische "loser", das heißt nämlich Versager, weißt du sicher) und eine ungute Kellnerin, gespielt von der Pia Hierzegger, die war auch irgendwie nicht ganz koscher, und mit dem alten Löschenkohl unter einer Decke, aber nicht verwandt. Hat sich der Brenner also eingelebt ins Landleben, obwohl das so ein bisserl ding ist, weil der Brenner das Land ja hasst, das hat er auch seinem Freund Berti gesagt. Der Berti, natürlich wieder gespielt vom Simon Schwarz, ist nämlich sein Auftraggeber in der Leasingratensache gewesen, das hätt ich jetzt fast vergessen zu erwähnen.
Und auch schon fast ein Teil der Löschenkohl-Familie ist eben die Knochenmehlmaschine im Keller. Mit der werden nämlich die Reste von den Backhendln, wenn die Gäste alles gierig runtergenagt und mit Bier nachgespült haben, zerstückelt und dann gesammelt und wieder an Hühner verfüttert, der Kreislauf des Lebens, aber hallo. Und dort hat der Brenner dann auch was gefunden was noch grauslicher ist: einen abgeschnittenen Finger, und zwar von einem Menschen. Spätestens dann ist er aber ordentlich mißtrauisch geworden, das kann ich dir sagen. Wobei, eigentlich interessant für einen Krimi mit Privatdetektiv, was der Brenner ja im Grunde genommen ist: der Kinobesucher hat da ja schon viel mehr gewusst als der Brenner. Dass nämlich der alte Löschenkohl reihenweise Leute im Keller umbringt und beseitigt. Da kommt der Brenner dann erst ganz am Ende drauf, und kommt knapp mit dem Leben davon. Verlieren tut er dann ironischerweise auch einen Finger, praktisch finaler Showdown, aber besser man verliert einen kleinen Finger als das ganze Leben, das verstehst du sicher. Dafür findet er am Ende auch was, und zwar endlich den Horvath, das ist auch eine ziemliche Überraschung, da wirst du schauen.
Überhaupt wird im Film nicht nur viel verloren, also Leasingraten und Blut und das eine oder andere Körperteil und so, sondern viel gefunden. Die Liebe, hauptsächlich. Weil, und das haben der Hader und der Murnberger und der Haas in einem Interview selber gesagt, Hand aufs Herz: eigentlich ist das ja mehr ein Liebesfilm als ein Gruselkrimi. Oder eigentlich beides. Und lustig ist er auch, keine Frage. So ein lakonischer Antiheld wie der Brenner, dem schaut man halt gerne zu, und dem rutscht schon mal ein krachiger Einzeiler raus, James Bond nix dagegen. Aber jedenfalls: vieles was im Film passiert, das passiert wegen der Liebe. Der Löschenkohl rutscht in sein Knochenmanndasein eigentlich nur so rein, wegen der Liebe, und bringt dann Leute um wegen der Liebe, und fast bis zum Ende findet man ihn als Zuschauer gar nicht so unsympathisch. Der Brenner löst den Fall wegen der Liebe, könnte man sagen. Und der Berti, der am Schluß auch in der Pampa vorbeischaut, der bleibt dann auch länger als geplant, wegen der Liebe. Ist halt eine Himmelsmacht, hat ein gscheiter Mensch einmal gesagt, und was willst du gegen so eine Macht schon machen? Da passieren halt seltsame Dinge deswegen, und manchmal auch grausliche. Wobei, da hätte das Trio Haas/Murnberger/Hader noch ganz andere Sachen reintun können in den Film. Da könnte ich fast sagen: der HATTRICK Haas/Murnberger/Hader, weil pass auf, erstens haben sie diesen dritten Brenner-Film zu dritt wirklich spitzenmäßig gemacht, quasi Kino-Goalgetter, und zweitens, im Buch ist es unter anderem auch um die hiesige Pampa-Fußballmannschaft gegangen, und da war eine Stelle drin wo der Zeugwart mit einem Jutesack voll neuer Bälle auf den Rasen gewatschelt ist, nur war einer der neuen Bälle ein alter Kopf, ein abgetrennter und blutiger nämlich. Also ich weiß nicht ob wir das gerne im Kino gesehen hätten, da ist mir ein abgetrennter Finger schon lieber, auch wenn es zwei sind.
Jedenfalls weiß ich was ich bald gern wieder im Kino sehen würde: einen weiteren Brenner-Krimi. Drei Bücher sind ja noch übrig, zum Verfilmen. Praktisch Warteliste. Nicht nur die "Auferstehung der Toten", sondern auch "Wie die Tiere" und "Das ewige Leben". Da können sie sich dann wieder zusammensetzen, der Haas und der Murnberger und der Hader, und vielleicht ein Gulasch zusammen essen und überlegen wie sie das wieder am besten anstellen. Weil das haben sie jetzt echt schon gut heraußen, das gemeinsame Filmemachen. Und wenn ich mir "Der Knochenmann" so anschaue, kann ich nur sagen, Coen-Brüder nix dagegen.
Meine Wertung: |
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