Preview< Zurück 07.06.2009
Von Nick Gruber
Unsere Esskultur hat sich in den letzten 50 Jahren stärker verändert als in den 10.000 Jahren davor. Der neue Dokumentarfilm 'Food Inc.' richtet sich vor allem an all jene die denken von Mais-Sirup könne man Superkräfte bekommen und generell an jeden der irgendwann mal essen gehen muss.
Das Thema wird nun schon seit einigen Jahren in regelmäßigen Abständen aufgegriffen: Supersize Me (2004, Morgan Spurlock), The Future of Food (2004, Deborah Koons), King Corn (2007, Ian Cheney & Curtis Ellis), The World according to Monsanto (2008, Marie Monique Robin) sind die bekanntesten Kinodokumentationen die sich ausgiebig mit unserem Essen auseinandersetzen.
Food Inc. reiht sich nahtlos in diese Serie von filmgewordenen Globalwarnungen ein. Robert Kenner begleitet dabei den Autor Eric Schlosser (Fast Food Nation) auf einer Reise durch unsere Esskultur. Und dabei wird auf eine Reihe von schwerwiegenden Problemen aufmerksam gemacht, deren Langzeitfolgen wir nur erahnen können.
"Everything we have done with modern agriculture is to go with faster, fatter, bigger, cheaper!"
Einige Beispiele: Hunderte Millionen Liter von Milch werden jedes Jahr in U.S.-Highschools ausgegeben - unglücklicherweise ist die Chance groß, dass man entweder eine Ladung Wachstumshormone mitbekommt (die sollen den Kühen vielleicht über Minderwertigkeitskomplexe hinaushelfen), oder die Antibiotika rausschmeckt, die den armen Viechern das Kornfutter erträglich gestalten - da fühlt man sich gleich grundlos-gesund, nicht?
Intensive ionisierte Strahlung wird wiederum benutzt, um Kolibakterien oder Salmonellen zu vernichten. Laut Food Inc. eine gute Möglichkeit "dürre Äste mit prächtigen Blüten zu schmücken", also den Hackfleisch-Abfall als Filet zu maskieren. Auch wird hier Kopfweh verhindert, indem der Kopf abgeschnitten wird. Was man an Bakterien vermisst, bekommt man dafür als Pestizid zurück. Endosulfan ist ein sehr beliebter Schädlingsbekämpfer und wird beim Menschen mit Fortpflanzungsproblemen, Autismus und Geburtsfehlern in Verbindung gebracht, akkumuliert sich in unseren Körpern und ist nur sehr langsam abbaubar. Eine echte Wertanlage.
"Wenn du als Bauer ein Hühnchen in 48 Tagen zur vollen Pracht aufmästen kannst, warum solltest du eines wollen, dass drei Monate dafür benötigt?"
Im Schnitt hat jede einzelne Ingredienz in den amerikanischen Schul-Caféterias bereits 2400 km an Reisestrapazen auf dem Buckel. Es ist kein Wunder, dass der Informationsstand über den Produktionsablauf der Produkte gleich Null ist - wer macht schon eine kleine Weltreise um sich Bauern und Feld persönlich anzusehen.
Food Inc. argumentiert für ein neues Essensbewusstsein und ein Anerkennen der demokratischen Funktion des Einkaufs. Jeder Supermarktbesucht ist in Wahrheit ein Urnengang - und jeden Tag freuen sich die Multinationalen über die Kurzsicht der Menschen.
Wir freuen uns jedenfalls auf den Film.
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