Antichrist

Figurennamen spendierte der legendäre dänische Regisseur Lars von Trier seinen Protagonisten Willem Dafoe und Charlotte Gainsbourg in Antichrist keine. "Er", Psychotherapeut, und "Sie", Hausfrauen-Emo,verlieren während ihres Sexualakts ihr einziges Kind. Die beiden wohnen einander bei, als der kleine Sohn aus dem Fenster fällt - ein Albtraumszenario. Und ob "während des Sexualakts" nun eigentlich "aufgrund des Sexualakts" lauten sollte, ist zunächst Auslegungssache, wird aber im Laufe des Films tiefenpsychologisch aufgearbeitet. "Sie" hat nach dem Unfall schwere Depressionen und "er" beschließt sie auf einer einsamen Berghütte (gedreht in Deutschland) sozusagen privat zu therapieren.

'Die Natur ist Satans Küche'

Antichrist ist auf der Bildebene komplett eigenständig und einprägsam. Ob diese Einschätzung nun im Nachhinein hauptsächlich an zwei einzelnen grausligen Schockbildern liegt (Stichwort Genitalverstümmelung), oder sich komplett durchzieht kann ich nicht mehr sagen. In jedem Fall unterstützt die optische Aufmachung die große Stärke des Films, nämlich eine Situation zu schaffen in der eine depressive Frau eine derartige emotionale Gebrechlichkeit aufbaut, dass man als Zuschauer ständig das Gefühl hat, sie könnte jeden Moment explodieren.

Von Trier soll gesagt haben, dass er diesen Film nur für sich selbst gemacht hat- konkret um seine eigene depressive Schaffenskrise aufzuarbeiten. Was also rausgekommen ist, könnte als Emo-Homemovie mit Kunstcharakter bezeichnet werden und polarisiert auch dementsprechend im Publikum. Denn wenn der Paradeavantgarist Lars von Trier ruft, dann hechten die europäischen Cineasten schon aus Prinzip in die Kinos. Für alle anderen könnte hingegen reine Verstörung übrigbleiben.

Für die von Trier inspirierten Filmemacher bleibt damit zumindest eine zynische Richtungsanweisung übrig: Wenn ihr erst einmal so depressiv wie der Meister seid, dann macht ihr vielleicht ähnlich tolle Filme!