Review< Zurück 30.12.2009

Zombieland

Von Nick Gruber

Die Vereinigten Staaten von Amerika: Alles Zombies, keine Menschen.
Ein Parade-Nerd, ein Redneck und zwei Schwestern bilden das, was einer Familie noch am nächsten kommt.

Schmelzende Polkappen, anwachsende Verteilungsungerechtigkeit oder korrupte Politiker sind unsere geringsten Sorgen. Nach dem Patient X diesen einen infizierten Hamburger verdaut hatte, ging es mit dem Niedergang so richtig schnell. Was vor zwei Monaten als Amerika bekannt war, ist heute Zombieland. Um dort zu überleben, muss man sich an gewisse Regeln halten: Sitzgurte sind z.B. wichtig und auch Ausdauersport kann hilfreich sein - Zombies kennen kein Teamwork - eigentlich laufen sie dir nur ständig nach. Dazu sollte man eine gesunde Vorsicht beim Aufsuchen öffentlicher Toiletten an den Tag legen und sich ordentlich aufwärmen, bevor man sich nach Futter umsieht. Davon liegt schließlich noch genügend in den Regalen.

Wer verbreitet hier diese Weisheiten? Es ist Columbus Ohio (Jesse Eisenberg), eine World of Warcraft spielende Jungfrau, der seine lebenslange Paranoia in eine Art Überlebensmechanismus umgewandelt hat. Nun möchte er als einer der wenigen ungebissen und gesund Gebliebenen zurück in seine Heimatstadt, um dort seine Familie zu finden (mit der er allerdings aufgrund seiner notorischen Soziopathie nicht viel in Kontakt kam).

Am Weg begegnet er Tallahassee (Woody Harrelson), der hauptsächlich von seinem Verlangen nach Twinkies durch die Gegend getrieben wird (Anm.: Ein Twinkie ist ein US Industriespezialität - ein längliches Sahnetörtchen, das bei uns blöderweise keiner kennt). Dazu kommen Wichita (Emma Stone) und ihre kleine Schwester Little Rock (Abigail Breslin)  - die vier könnten sich zusammentun, doch wer vertraut sich schon gegenseitig in diesem riesengroßen Vergnügungspark voller Untoten.

Zombies ohne Gräber, dafür aber mit Tiefgang

Auch auf die Gefahr hin hier ein wenig überzuinterpretieren, ist Zombieland doch als Ganzes gesehen eine große Metapher auf das Amerika der Jetztzeit angelegt. Zynisch gesprochen zeichnet der Film den Westen als einen Haufen von selbstsüchtigen Raubtieren, die in ihrer Gier nach Fleisch und Ruhm ganz darauf vergessen haben, wie kurzlebig diese Berühmtheit doch ist. Und dann schickt Regisseur Rubin Fleischer einen Columbus aus, um Amerika wiederzuentdecken (und Europa am Besten gleich mit).

Ständig wird auf einzelne Aspekte unserer immer noch recht neuartigen Spaßkultur hingewiesen - man sieht fette Zombies, die sich am Kühlregal und beim Naschzeug gehen haben lassen. Später wird ein Souvenir-Supermarkt für indianischen Plastik-Kitsch geradezu zeremoniell zerlegt. Und dann gehts nach Hollywood. Stichwort Intermedialität. Einzelne Fragmente des Films weisen auf Fragmente in anderen Filmen hin, stellen Verbindungen her - offenbar um gemeinsam einen gewaltigen "cultural narrative" zu kultivieren. Eine kollektive globale Erzählung, die neben der herkömmlichen Geschichtsschreibung irgendwann herangezogen werden kann, um die Emotionen der Menschen in unserer Zeit besser zu verstehen. Eine postmoderne Ebene also - (hurra, da lacht das Herz des Hirnwixxers). Und dann... klatscht es im Gesicht - dann kennt die 12jährige Little Rock nicht mal Ghostbusters. Und auch von Willie Nelson oder Gandhi hat sie noch nie gehört. Weitere Message im Film: Wer mal Geschichte geschrieben hat sollte nicht erwarten, dass sie auch auf ewig gelesen wird.

Außerdem - wer hätte schon gedacht, dass jemand einen stimmungsvollen Roadmovie mit einer romantischen Komödie und einem Zombie-Streifen kreuzen kann und damit durchkommt - bis unter die Haut.  (From Dusk till Dawn zählt nicht - der war kein bisschen romantisch!)
 

Meine Wertung:
4.5 Kinomos
 

 

Fazit

Meine Wertung:

 

Der dreiste kleine Kinomo

Bei uns müssen Cineasten nicht fasten! Hier erwartet euch Filmkritik wie man sie sonst nirgends lesen kann. Rede- und pressefrei liefern euch die kleinen Kinomos unregelmäßig aber unangepasst Reviews, Previews, Feature-Mos und ein dreistes Etwas zu einem ausgewählten kulturellen Spezialbock, der irgendwo auf der Welt geschossen wurde.

Impressum:
'Der dreiste kleine Kinomo' ist die non-profit Blogging-Plattform des Dreistil Filmverein (Graz, ZVR 262411928).