Review< Zurück 17.07.2010
Von Max Werschitz
Nein, das ist nicht der zweite Teil von 'Thank You For Smoking'. Es ist die ebenso herzerwärmende wie herrlich komische wahre Geschichte des schwulen Trickbetrügers Steven Jay Russell, der im Gefängnis die Liebe seines Lebens kennenlernt.
Stellt euch vor ihr steht im Supermarkt an der Wursttheke und der Angestellte der euch gerade aufgrund eines privaten Telefonats hat warten lassen informiert euch mit strahlendem Gesicht: "My boyfriend's getting out of prison next week!"
Doch beginnen wir beim Anfang.
Es ist das Virginia der frühen 90er, und Steven Russell (Jim Carrey) lebt den amerikanischen Traum: er hat eine liebevolle Frau (Leslie Mann) und eine entzückende Tochter, einen sicheren und angesehenen Job als Kleinstadtpolizist, regelmäßig Sex in der Missionarsstellung, und spielt in der Kirche die Orgel. Seinen ganz persönlichen Traum jedoch lebt er bis auf einige heimliche Affären nicht aus - Steven ist eigentlich homosexuell. Das ändert sich nach einem Autounfall schlagartig: er outet sich, verlässt seine Frau, zieht nach Miami und beginnt dort einen extravaganten Lifestyle zwischen shopping und sexy boyfriend (Rodrigo Santoro). Schnell muss er erkennen dass sein neues Leben um einiges teurer ist als gewohnt, und so nutzt er sein Wissen als Ex-Cop um sich mit diversen Trickbetrügereien das Gehalt aufzubessern. Trotz oder vielleicht sogar gerade wegen des Risikos blüht er so richtig auf. Schließlich landet er jedoch im Gefängnis, wo er den schüchternen Phillip Morris (Ewan McGregor) kennenlernt. Es ist Liebe auf den ersten Blick, und Steven nutzt seinen Charme und seine Talente fortan dazu alles, wirklich alles, für Phillip zu tun. Es entwickelt sich eine intensive Romanze die, als schließlich beide wieder in Freiheit sind, immer wieder durch Stevens fast pathologische Lügen und Betrügereien und damit verbundene Gefängnisaufenthalte gefährdet wird.
I Love You Phillip Morris basiert auf dem gleichnamigen Buch von Steve McVicker und ist tatsächlich eine wahre Geschichte. Der Film wurde bereits 2008 gedreht und unter anderem beim Sundance Festival 2009 gezeigt, hatte jedoch trotz nachträglicher Veränderungen bis jetzt Probleme in den USA einen Verleih zu finden - die Grundthematik und einige zwar nicht wirklich schockierende, aber doch recht eindeutige homoerotischen Szenen waren wohl zu viel für manche konservative Entscheidungsträger. Scott Stiffler, der Autor von 'Why Hollywood Avoids Gay Movies' sagte in einem Interview auf timesonline.co.uk dazu treffenderweise: "Die meisten heterosexuellen Multiplexkinogeher wollen keine romantische Komödie sehen in der es zwischen zwei Typen zur Sache geht - ausser es ist als Witz gemeint. Sogar Brokeback Mountain, der immerhin 83 Millionen Dollar in den USA einspielte, war bei weitem nicht so erfolgreich wie z.B. Chuck & Larry, einem Film über zwei heterosexuelle Männer die eine eingetragene Partnerschaft eingehen um eine Pensionsversicherungsanstalt zu betrügen".
Ich kann nur sagen: arme Amerikaner, euch entgeht einiges. I Love you Phillip Morris ist ein herzerwärmend romantischer, rasanter und stellenweise zum Schreien komischer Film mit einigen geschickt platzierten plot twists. Getragen wird er nicht nur von der einfallsreichen Regie und dem cleveren Drehbuch (beides: Glenn Ficarra & John Requa), sondern vor allem von Jim Carreys unglaublich energiegeladener Performance. Die Rolle des charismatischen, extravaganten Trickbetrügers mit Hang zum Größenwahn ist ihm wie auf den Leib geschrieben. Ewan McGregor bekommt zwar um Einiges weniger zu tun, kontrastiert mit seiner ruhigen Darstellung jedoch perfekt Carreys dominante Präsenz und macht damit vor allem die Chemie zwischen den beiden Charakteren glaubwürdig.
Eines ist sicher: zum Schluß des Films, auch wenn es kein klassisches Happy End gibt, hat das Publikum die beiden garantiert ins Herz geschlossen. Und fragt sich ob Shakespeare nicht vielleicht so etwas anstatt Romeo & Julia geschrieben hätte wenn er heute leben würde.
Meine Wertung: |
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