Review< Zurück 04.09.2010
Von Max Werschitz
Vater, Mutter… Ding? Der neueste Film des 'Cube'-Regisseurs Vincenzo Natali stellt nicht nur übereifrigen Genetikern sondern wohl auch so manchem Therapeuten eine gewaltige Gänsehaut auf.
Elsa Kast (Sarah Polley) und Clive Nicoli (Adrien Brody) sind jung, verliebt, und äußerst talentiert: zusammen haben sie für den Pharmakonzern N.E.R.D. (Nucleic Exchange Research & Development, was für eine herrliche Abkürzung) weltweit zum ersten Mal erfolgreich die DNA verschiedener Tiere kombiniert. Das Ergebnis, ein Männchen und ein Weibchen einer somit völlig neuen Spezies, sieht zwar nicht besonders appetitlich aus, doch schließlich kommt es in der Wissenschaft auf die inneren Werte an, in dem Fall wertvolle Proteine zur Medikamentenherstellung. Noch halb im Rausch des Erfolges schlagen sie der Firmenleitung vor nun sofort die nächste Stufe einzuleiten: die Erweiterung des Splicing-Experiments um die Inkludierung menschlicher DNA. Als dies jedoch abgelehnt wird machen sich die beiden Neo-Frankensteins heimlich selbst ans Werk.
Und so manövrieren sie sich Schritt für Schritt in ein gewaltiges Disaster. Das von ihnen erschaffene Wesen, ein Weibchen das sie Dren (der Firmenname "Nerd" spiegelverkehrt) nennen, wächst schneller als erwartet, und überrascht immer wieder mit seltsamen Evolutionssprüngen. Während Elsa gänzlich in einer verstörenden Mischung aus Mutter- und Forscherrolle aufgeht, ist Clive anfangs noch die Stimme der Vernunft, kann sich schließlich dem seltsamen Geschöpf jedoch auch nicht entziehen – im wahrsten Sinne des Wortes. Als die dreiköpfige "Familie" ihr wahrlich nicht gerade trautes Heim vom städtischen Kellerlabor in die Scheune des verlassenen Anwesens von Elsas verstorbener Mutter irgendwo in der Pampa verlegen muss spitzt sich die Lage immer mehr zu und kommt schließlich zum blutigen Showdown.
Sein Talent fürs Verstörende hat Regisseur Vincenzo Natali schon mit dem inzwischen legendären Cube (1997) bewiesen, sein neuestes Werk, bei dem er auch am Drehbuch beteiligt war, steht diesem in Härte nichts nach. In einem Interview meinte er zwar Splice wäre "ein Film über unsere genetische Zukunft, und wie die Wissenschaft langsam mit unserer Fantasie aufholt", viel mehr ist es jedoch ein – unglaublich gut gelungenes – Kabinettstück uralter menschlicher Bedürfnisse und Verfehlungen. So sehr auch das Blut spritzt und schleimige Dinge im Finsteren herumflutschen, das wahre Grauen bezieht Splice aus der fast schizophrenen emotionalen Beziehung zwischen "Kind" Dren und "Mutter" Elsa, die wiederum selbst familiär vorbelastet ist. Sarah Polley leistet hier hervorragende schauspielerische Arbeit, doch auch Adrien Brody passt perfekt in die Rolle des Lovers der einerseits etwas unter die Räder kommt, andererseits plötzlich zum zweifachen Objekt der Begierde wird.
Der Titel dieses Artikels ist übrigens wörtlich gemeint. Splice ist visuell nicht unbedingt was für schwache Nerven, und vor allem thematisch nichts für einen entspannten Popcorn-Kinoabend. Und vielleicht will man danach nicht alleine nach Hause gehen sondern lieber nochmal mit dem Sexual- und Familientherapeuten telefonieren. Doch genau das ist es was ihn so sehenswert macht.
Meine Wertung: |
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