Review< Zurück 06.04.2011
Von Max Werschitz
In '300' schickte Zack Synder einen Trupp sixpackstrotzender Männer in den Kampf, jetzt ist eine Gruppe von bis an die Zähne bewaffneten Mädls an der Reihe. In ihrer bizarren Fantasiewelt drischt sich "Babydoll" an der Seite ihrer ebenfalls eher ferngesteuerten Mitstreiterinnen durch ein Drehbuch das sich als reine Trägermasse für Special Effects entpuppt.
Irgendwann in den 1960ern. Der Film beginnt mit einem Todesfall, und es reihen sich in den darauffolgenden 120 Minuten unzählige weitere daran, doch dieser ist der einzige der nicht gewaltsam herbeigeführt wird. Eine Mutter haucht ihr Leben aus, hinterlässt ihre gesamte weltliche Habe den beiden Töchtern, diese beiden jedoch leider deren Stiefvater. Der fackelt nicht lange, erschlägt die jüngere, lastet den Mord bei Eintreffen der Autoritäten der älteren an, und liefert sie in einer psychiatrischen Anstalt für Mädchen ab. Ein kleiner Nebendeal mit dem Pfleger Blue Jones (Oscar Isaac) soll auch gleich dafür sorgen dass die 20jährige "Babydoll" (Emily Browning) nie die Chance bekommen wird der Polizei die wahre Geschichte zu erzählen: die Unterschrift der verantwortlichen Ärztin Vera Gorski (Carla Guigino) wird gefälscht, und für Babydoll eine Lobotomie veranschlagt. Der dafür nötige Arzt (John Hamm) besucht die Anstalt jedoch erst in 5 Tagen.
5 Tage also die das Protagonistenpüppchen noch hat bevor sie als (noch) teilnahmslose(re)s Gemüse in die Anstaltswelt blickt. 5 Tage in denen sich die Traumatisierte in eine eigene Traumwelt fallen lässt, in der sie und vier ihrer Mitinsassinnen (Jamie Chung, Vanessa Hudgens, Jena Malone und Abbie Cornish) Tänzerinnen in einem zwielichtigen Bordell sind, mit Gorski als Trainerin und Blue Jones als skrupellosem Boss. Und dann wird's erst so richtig schräg: jedes Mal wenn Babydoll in dieser Fantasiewelt ihre erotische Tanznummer vorführt verabschiedet sie sich geistig in eine weitere Fantasiewelt, in der sie von einem namenlosen Weisen (Scott Glenn) den Auftrag bekommt fünf Dinge (eine Karte, ein Messer, ein Feuerzeug, einen Schlüssel und als letztes ein mysteriöses unbekanntes "Opfer") zu besorgen, die ihr und ihren Mitstreiterinnen auf dem Weg in die Freiheit helfen sollen.
"You will be unprepared" heißt es am Filmposter, in Anspielung auf den Titel: ein "sucker punch" ist ein Schlag der den Gegner völlig unvorbereitet trifft. Tja, schön wär's. Das verheißt nämlich Überraschung, vielleicht sogar Spannung, idealerweise ein Mitfiebern mit den Hauptcharakteren. Doch genau diese Erfahrung bleibt völlig aus. Regisseur Zack Snyder hat mit seinem zeitgeistigen Farbfilterwahn den Film zu einem fast unerträglichen visuellen Einheitsbrei reduziert, und mit seinem technischen Perfektionismus die HauptdarstellerInnen zu belanglosen Puppen.
Die Handlung ist rein formal gesehen durchaus nachvollziehbar und in Ordnung – theoretisch so etwas wie Inception für Anfänger: Fantasiewelt 2 ist die Abstraktion von Fantasiewelt 1 und spiegelt sich auch rückwirkend in dieser wieder, Fantasiewelt 1 ist die Abstraktion der realen Welt und hinterlässt auch dort (wie wir ganz am Ende erfahren) ihre Spuren. Doch was dann praktisch übrigbleibt ist Inception für Lobotomisierte: vier computerspielartige Kurzepisoden deren jeweiliger Ausgang eigentlich niemanden interessiert, eingebettet in eine surreale Rahmenhandlung die eigentlich niemanden interessiert, basierend auf einer tatsächlichen Geschichte mit Charakteren denen zu wenig Zeit gegeben wird als dass sich das Publikum jemals für sie interessieren könnte.
Sucker Punch ist somit weniger ein Film als das was von einem Film nach einer Lobotomie übrig bleibt. Die Special Effects sind state of the art, das Produktionsdesign sympathisch steampunkig, der Soundtrack zum Mitwippen, und die SchauspielerInnen innerhalb ihrer engen Grenzen zumindest glaubwürdig. Doch all das rieselt trotz der hypnotisierenden Gewaltverherrlichung nur blutlos vor sich hin, all das lässt das Publikum mehr oder weniger willig über sich ergehen, gefangen von der anstaltshaften Bild- und Tongewalt von Snyders cineastischem Egotrip. Verlässt man schließlich das Kino, so hat man das Gefühl sich pflichtgemäß einer Prozedur unterzogen zu haben, die jedoch ausser ein paar abgeschaltener Gehirnzellen keinen bleibenden Eindruck hinterlassen wird.
Meine Wertung: |
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