Review< Zurück 11.02.2011
Von Nick Gruber
Vor 28 Jahren zeichnete Disney ein derart einfaches Bild von digitaler Technik, dass die ganze Familie zuschauen konnte. Gut 28 Jahre später geht alles nochmal in die selbe Richtung. Ein Update in Hochglanz.
1982 - ein verärgerter Spieleprogrammierer namens Flynn (Jeff Bridges) bricht in die Stätte seines Arbeitgebers ein, weil der nicht ganz so talentierte Kollege Dillinger (David Warner) mit gestohlenen Ideen gutes New-Economy Geld für die eigene Tasche scheffelt. Als wäre das nicht unverantwortlich genug - Dillinger verliert auch noch die Gewalt über seine einzige eigene Kreation. Das MCP, Master Control Programm, ergreift die Macht im System und lässt alte Buchhaltungssuiten und Lagerdatenbanken als digitale Gladiatoren um das evolutionäre Recht auf Existenz kämpfen. Flynn wird während seines Einbruchs vom MPC per Superspeziallaser digitalisiert und findet sich in Mitten einer archaischen Welt, die den Gedanken des Sozialdarwinismus heftiger auslebt, als es in der Realität je möglich gewesen wäre. Einfaches Schema - freundliche Gesichter. Da hat sich damals die ganze Familie gefreut. Walt Disney sei Dank.
Wir springen 28 Jahre in die Zukunft. Der arbeitsscheue Thronerbe Sam Flynn (Garrett Hedlund) riskiert in Bruce Wayne'scher Manier einen Base-Jump vom Dach des Familienbetriebs (Encom Tower) - natürlich erst nachdem er den inneren Softwarepiraten rausgelassen hat um die neueste Version des hauseigenen Betriebssystems als Raubkopie mit der Welt zu teilen. Dort beginnt also der Charakter. Der Rest folgt dem Schema anno 1982. Das 'MCP' sieht nun aus wie Bridges selber, trägt Rot und hört auf 'Clu'. Klingt nach Hollywood Fastfood - nur aufgewärmt. Stimmt auch - aber Optik und Soundtrack (Daft Punk) verfehlen ihre Wirkung nicht. Doch halt - da ist anscheinend doch noch eine andere Bedeutungsebene.
Disney Tron: Legacy. Deutschsprachiges Standardmarketing würde beim Wort 'Legacy' eigentlich nach 'Tron: Erbschaft' oder 'Vermächtnis' als Titelübersetzung rufen. Beides will aber nicht so recht ins Ohr gehen.
Dabei dreht sich aber doch die ganze tiefere Substanz der Storyline um dieses eine Thema (wie erwähnt, glänzt und schimmert der Rest des Films bis einem die Augen brennen). Flynn war jedenfalls die meiste Zeit an seiner digitalen Werkbank um der Welt ein Geschenk zu bereiten. Ein System - bevölkert von selbstlosen digitalen Organismen, vom Helden selbst beschrieben von als 'supernett und außerordentlich naiv'.
Tron Legacy steht für ein Vermächtnis aus Kunst und Technik. Die alten Griechen hatten nicht einmal zwei Worte für diese beiden Begriffe. Und ich vermute dass auch die Disney Corporation mit dieser Sicht ihre Freude hätte - spiegelt sich doch der Stolz der Mamakompanie in Form der Disney Insigne quasi von jedem Poster auf uns herunter. Sogar die recht ausführliche offizielle Website ist eine Subdomain von disney.com - die User müssen da drüber. Und interessanterweise findet man diese Nähe zum Schöpfer auch im Umgang von Flynn mit seiner Eigenkreation: Bösewicht 'Clu'. Die computerisierte Raukopie von Jeff Bridges`Gesicht mag zwar despotisch umherfuhrwerken und mächtig posieren wie Darth Vader, aber die Nabelschnur des Programmierers zum Programm, die Verbindung des Künstlers zum Kunstwerk, die soll offenbar nicht getrennt werden. Man bleibt also immer Online.
Für mich eine sehr interessante Themenwahl, vor allem wenn man die Rolle der Disney Corporation in der Durchsetzung der heutigen "Lebenszeit + 70 Jahre" Regelung im internationalen Urheberrecht betrachtet.
Meine Wertung: |
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Filme gehören besprochen. Kinomo! Du fängst an!